Donnerstag, 11. April 2013

Ein Gedicht zur Naechstenliebe





Guten Morgen meine lieben Leser, nun haben wir voll das Aprilwetter. Der April macht was er will, vom Wetter her.

Heute habe ich euch mal ein Gedicht zur Naechstenliebe mitgebracht. Lest selbst:


Nächstenliebe

Am Schreibtisch sitzt die gelehrte Frau;
Sie schreibt von Liebe - vom Leben;
Sie will mit Eifer die kalte Welt
Zur Nächstenliebe erheben!

Sie sitzt recht behaglich im weichen Stuhl,
Im gut durchwärmten Gemache;
Doch draußen, da rüttelt der eifrige Wind
So zornig am Fenster und Dache.

Wohl dem, der ein schützendes Dach heut` hat
Und kann der Kälte entfliehen!
So seufzt die Frau - denn sie möchte so gern
Die Menschen zur Liebe erziehen.

Da klopft es bescheiden an ihrer Tür`-
Ein Weib, vom Kummer, vom Leide
So elend und bleich - eine Jammergestalt -
Steht draußen im leichten Kleide.

Das Weib hat sie aus der Arbeit gebracht
Am Werke der Nächstenliebe!
Wie blaß ist das Weib! Wie dünn ihr Kleid!
Die Augen so scheu - so trübe!

Von all dem sieht nichts die gelehrte Frau,
Sieht nicht die flehenden Blicke,
Sie kennt nicht der Not und des Hungers Pein:
Sie lebt im Reichtum, im Glücke.
Sie reicht dem hungernden, frierenden Weib
kaltherzig ein Geldstück zur Türe,
Setzt rasch sich nieder und schreibt zu End`
Die edle „Liebeslektüre”

O Bitterer Hohn! - O grausamer Spott! -
Sie schreibt von Liebe - vom Leben;
Und draußen um Liebe bat still ein Weib -
Und was hat sie ihr gegeben?


Karl Friedrich Mezger
Aus der Sammlung Teil - Aus Natur und Leben


Wiszt ihr was ich so herrlich an dem Gedicht finde, es spiegelt eine typische Verhaltensweise unserer heutigen Zeit wieder.

Man macht den Geldbeutel auf, gibt ein paar Groschen oder Taler, weil man tut ja Gutes, und setzt dann seinen Weg fort. Man hat ja was gegeben. Das beruhigt. Und die "Belaestigung" der Armut ist damit ebenfalls genuege getan.

Haette man nicht noch mehr machen koennen? Ein Gespraech, eine nette Geste oder oder oder?

In diesem Sinne, kommt gut durch den Tag.



©by Joerg Hartwig

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