
(Hinweis in eignener Sache: es hat mich tief beruehrt, und sehr nachdenklich gemacht.)
Als ich diesen Abend nach Hause kam und meine Frau
das Abendbrot serviert hatte, nahm ich ihre Hand und
sagte ihr, dass ich ihr etwas mitteilen müsse. Sie setzte
sich hin und aß schweigend. Und ich sah wieder die
Angst in ihren Augen.
Auf einmal war ich wie versteinert, ich konnte meinen
Mund nicht mehr öffnen. Aber ich musste ihr sagen, was ich denke:
Ich möchte mich scheiden lassen.
Sie wurde nicht aufbrausend und regte sich über meine
Worte nicht auf, sondern fragte mich leise nach dem
Grund dafür.
Ich vermied eine Antwort auf die Frage. Das verärgerte
sie.
Sie schmiss ihr Besteck umher und schrie mich an, dass
ich kein Mann sei. In dieser Nacht redeten wir nicht
mehr miteinander.
Sie weinte die ganze Nacht.
Ich wusste, dass sie herausfinden will, was mit unserer
Ehe passiert ist, aber ich konnte ihr keine zufrieden
stellende Antwort geben: Ich habe mich in Jane verliebt.
Meine Frau liebte ich nicht mehr.
Mit einem tiefen Gefühl der Schuld entwarf ich einen
Ehevertrag in dem ich ihr unser Haus, unser Auto und
30% von unserer Firma anbot.
Sie schaute ihn sich kurz an und zerriss ihn anschliessend.
Die Frau, mit der ichzehn Jahre meines Lebens verbracht habe, wurde mir
fremd.
Mir tat es um ihre Zeit und ihre Energie leid, die
sie mit mir verschwendet hatte, aber ich konnte nicht
mehr zurück, dafür liebte ich Jane zu stark. Schließlich
brach sie vor meinen Augen laut in Tränen aus, das war
die Reaktion, die ich erwartet hatte. Sie weinen zu
sehen brachte mir irgendwie ein Gefühl der
Erleichterung. Schon seit einiger Zeit spielte ich mit dem
Gedanken, mich scheiden zu lassen, und ich war
regelrecht besessen von dem Gedanken. Nun wurde das
Gefühl nochmals stärker und klarer, dass es die richtige
Entscheidung ist.
Am nächsten Tag kam ich spät nach Hause und sah sie
schreibend am Tisch sitzen. Ich war sehr müde an dem
Abend und so ging ich ohne Abendbrot zu essen direkt
ins Bett.
Die vielen Stunden mit Jane haben an meinen
Kräften gezehrt. Ich wachte kurz auf und sah sie immer
noch schreibend am Tisch sitzen. Das war mir aber egal
und so drehte ich mich um und war sofort wieder
eingeschlafen.
Am nächsten Morgen hat sie mir ihre Forderungen für
eine Scheidung mitgeteilt:
Sie verlangt gar nichts von mir, möchte jedoch einen
Monat Zeit bevor wir unsere Scheidung bekannt geben.
Sie möchte, dass wir einen Monat ein normales Leben
leben und so tun, als wäre nichts geschehen.
Ihre Gründe dafür waren einfach: Unser Sohn schreibt in
einem Monat seine Klassenarbeiten und sie möchte ihn
mit unserer kaputten Ehe dabei nicht belasten.
Das konnte ich akzeptieren.
Aber es ging noch weiter:
Sie wollte, dass ich mich daran erinnere, wie ich sie am
Tag unserer Hochzeit über die Türschwelle getragen
habe.
Sie wollte, dass ich sie jeden Morgen aus unserem
Schlafzimmer bis zur Wohnungstür trage.
Ich dachte, dass sie nun total verrückt wird. Damit
unsere letzten Tage aber so angenehm wie möglich
wurden, willigte ich ein.
Später erzählte ich Jane von den Bedingungen, die
meine Frau gestellt hatte. Sie lachte sie laut aus und
sagte, dass es absurd sei.
"Egal was für Tricks sie anwende, sie muss die
Scheidung akzeptieren" sagte sie höhnisch.
Nachdem ich meiner Frau mitgeteilt hatte, dass ich mich
scheiden lassen will, hatten wir keinerlei Körperkontakt
mehr. So ist es kein Wunder, dass es am ersten Tag ein
ungewohntes Gefühl war, als ich sie hinaus trug.
Unser Sohn stand hinter uns und applaudierte.
"Papa hält Mama im Arm" freute er sich.
Seine Worte taten mir weh. Vom Schlafzimmer durch
das Wohnzimmer bis zur Wohnungstür – ich ging über
10 Meter mit ihr in meinem Arm. Sie schloss langsam
ihre Augen und flüsterte mir zu:
"Bitte sag unserem Sohn nichts über unsere Scheidung".
Ich nickte und ein bedrückendes Gefühl überkam mich.
Ich setzte sie draußen vor der Tür ab. Sie ging zur
Bushaltestelle, um dort auf den Bus zu warten, der sie
zu ihrer Arbeit bringt. Ich fuhr alleine in mein Büro.
Am zweiten Tag fiel uns alles viel leichter. Sie lehnte
ihren Kopf an meine Brust. Ich konnte den Geruch ihrer
Bluse riechen.
Mir wurde klar, dass ich diese Frau für eine lange Zeit
nicht mehr richtig angesehen hatte.
Mir wurde klar, dass sie nicht mehr so jung wie bei
unserer Hochzeit war. Ich sah kleine Falten in ihrem
Gesicht und auch die ersten kleinen grauen Haare.
Unsere Ehe ging an ihr nicht spurlos vorüber. Für eine
Minute habe ich mir die Frage gestellt, was ich ihr damit
angetan habe.
Als ich sie am vierten Tag auf den Arm nahm, merkte
ich, dass ein Gefühl der Vertrautheit wieder aufkam.
Dies war die Frau, die mir zehn Jahre ihres Lebens
geschenkt hatte. Am fünften Tag fiel mir auf, dass die
Vertrautheit weiter zunahm. Ich erzählte Jane nichts
davon.
Je weiter der Monat dahin ging, desto leichter fiel es
mir, sie zu tragen.
Vielleicht machte mich tägliche Training stärker. Eines
Morgens sah ich ihr dabei zu, wie sie überlegte, was sie
anziehen soll. Sie probierte einige Kleidungsstücke aus,
konnte sich aber nicht entscheiden. Dann sagte sie
seufzend:
"Alle Kleidungsstücke werden immer größer."
Plötzlich merkte ich, dass sie viel dünner geworden war.
Das war also der Grund dafür, dass mir das Tragen
immer leichter fiel!
Auf einmal traf es mich wie ein Schlag: Sie trug so viel
Schmerz und Bitterkeit in ihrem Herzen! Unterbewusst
streichelte ich ihren Kopf.
In diesem Moment kam unser Sohn und sagte:
"Papa, es ist Zeit, du musst Mama aus dem
Zimmer tragen!"
Es wurde ein wichtiger Teil seines Lebens, zu sehen, wie
Papa Mama aus dem Zimmer trug. Meine Frau sagte
unserem Sohn, dass er näher kommen solle. Als er das
tat, nahm sie ihn fest in den Arm. Ich drehte meinen
Kopf weg, weil ich Angst hatte, meine Meinung noch in
letzter Minute zu ändern.
Ich nahm sie dann in meinen Arm und trug sie aus dem
Schlafzimmer durch das Wohnzimmer in den Flur. Ihre
Hand lag leicht an meinem Hals.
Ich hatte sie fest im Arm. Es war so wie an dem Tag
unserer Hochzeit.
Ich machte mir Sorgen, weil sie immer weniger wog. Als
ich sie am letzten Tag auf dem Arm hatte, konnte ich
mich kaum bewegen. Unser Sohn war schon in der
Schule. Ich hielt sie fest und sagte ihr, dass mir gar
nicht aufgefallen war, dass in unserem Leben die
Intimität fehlt.
Ich fuhr zu meinem Büro und sprang aus
dem Auto, ohne es abzuschließen – dafür war keine Zeit.
Ich hatte Angst, dass jede Verzögerung mich umstimmen
könnte.
Ich rannte die Treppe hoch. Als ich oben ankam,
öffnete Jane die Tür.
"Es tut mir leid, aber ich will mich nicht mehr scheiden
lassen" sagte ich ihr.
Sie blickte mich erstaunt an und fasste mir an die Stirn.
"Hast du Fieber?!" fragte sie.
Ich nahm ihre Hand von meiner Stirn und sagte:
"Es tut mir leid, Jane, ich will mich nicht mehr scheiden
lassen. Unser Eheleben war vermutlich deswegen so
eintönig, weil sie und ich uns nicht zu schätzen wussten,
und nicht weil wir uns nicht mehr lieben! Jetzt erst wird
mir klar, dass ich damals, als ich sie an unserem
Hochzeitstag über die Türschwelle getragen habe, die
Treue geschworen habe, bis der Tod uns scheidet".
Plötzlich schien Jane aufzuwachen. Sie gab mir eine
schallende Ohrfeige, knallte die Tür zu und brach in
Tränen aus.
Ich lief hinunter und zu dem Blumenladen,
der auf meinem Weg lag. Dort angekommen bestellte ich
einen Strauß für meine Frau. Die Verkäuferin fragte mich,
was sie auf die Karte schreiben soll. Ich lächelte und
schrieb:
Ich werde dich jeden Morgen über die Schwelle tragen,
bis der Tod uns scheidet.
Als ich an diesem Nachmittag zu Hause ankam, hatte
ich ein Lächeln auf den Lippen und einen Strauß Blumen
in der Hand.
Ich rannte die Treppen nach oben und fand
meine Frau im Bett – tot.
Meine Frau hatte seit Monaten
gegen Krebs gekämpft und ich war zu viel mit Jane
beschäftigt, um das überhaupt nur mitzubekommen. Sie
wusste, dass sie bald sterben würde und wollte mich vor
einem bewahren:
Den negativen Gefühlen unseres
Sohnes mir gegenüber. Wenigstens in den Augen meines
Sohnes bin ich der liebevolle Ehemann geblieben.
Es sind die kleinen Dinge in einer Beziehung, die
wirklich wichtig sind.
Es ist keine Villa, ein Auto oder Berge von Geld. Diese
Dinge können zwar das Leben bereichern, aber sind
niemals der Ursprung des Glücks.
Also nimm dir die Zeit und tu für deine Partnerschaft die
Dinge, die eine solche Ausmachen. Es sind die kleinen
Aufmerksamkeiten, die für Geborgenheit und Nähe
sorgen.
Lebe eine glückliche Partnerschaft! Viele Leben
scheitern daran, dass die Leute nicht erkennen, dass
sie kurz vor dem Ziel aufgeben.
Quelle: Egal, ob du verheiratet bist oder nicht, du solltest es lesen… | Gekreuz(siegt)
Noch einen schoenen Ostermontag Abend
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